Kurzer Leitfaden für Erzieher/innen
zur „Mathematik im Kindergarten“
von Thomas Royar, PH Nordwestschweiz
Liebe Erzieherinnen,
liebe Erzieher, liebe Kindergärtner!
Die
Anforderungen an Sie und Ihre Arbeit sind in letzter Zeit deutlich gestiegen und
werden dies weiter tun. Positiv formuliert wird endlich die Wichtigkeit Ihrer
Tätigkeit für die Gesellschaft erkannt, negativ formuliert werden Sie mit einer
Vielzahl von zusätzlichen Aufgaben überhäuft…
Eine wichtige Aufgabe ist die
mathematische Frühförderung. Aber was ist damit gemeint?
Bei
vielen Menschen löst allein der Ausdruck „Mathematik“ zwiespältige Gefühle aus,
denkt man dabei doch in erster Linie an Zahlen, Rechnen und die Schule. Zahlen
im Kindergarten sind nun aber gar nichts Neues, und Rechnen und Schule sind
eben nicht Kindergarten!
Mathematische
Frühförderung bedeutet aber nicht, Inhalte der Schulmathematik in den
Kindergarten zu verlagern. Mathematische Frühförderung bedeutet auch nicht, die
Kinder irgendetwas zu lehren, seien es Begriffe, Zahlsymbole oder ähnliches.
Mathematische Frühförderung bedeutet, gemeinsam mit den Kindern sensibel
gegenüber Mustern und Strukturen in unserer Umwelt zu sein. Vieles, was eine
sinnvolle mathematische Frühförderung ausmacht, werden Sie schon längst ganz
selbstverständlich in Ihren Kindergartenalltag integriert haben. Wichtig ist
dabei nicht, dass dieses nach einem bestimmten Schema oder einem bestimmten
„Programm“ erfolgt, sondern dass es bewusst und reflektiert geschieht und auch
mit den Kindern kommuniziert wird. Die kindgemäße Lernform ist dabei in erster
Linie das Spiel – das angeleitete ebenso wie das freie.
Unser
Gehirn hat eine Vorliebe für Muster und wieder erkennbare Ordnungen und
Strukturen.Das ist die Grundlage der Mathematik, mit ihrer Hilfe kann eine unendlich
komplexe Welt in unserer Vorstellung besser fassbar werden.
Die elementaren mathematischen Grundtätigkeiten sind nicht etwa „zählen“ und
„rechnen“, sondern vergleichen, sortieren und ordnen (und zwar mit und ohne
Zahlen). Um dieses gezielt zu fördern, bieten sich einerseits zahllose
Situationen an (z. B. etwas richten, planen, zubereiten, Aufgaben verteilen,
aufräumen, Spiele in jeder Form, rhythmische Erfahrungen, gestalterisches
Tun,…), andererseits können von Seiten der Erwachsenen auch ganz bewusste
Angebote
hierzu gemacht werden. Schließlich ist auch eine bewusste Beobachtung der Kinder
ein wesentlicher Baustein.
In Mengen und Zahlen werden die Ideen des Vergleichens, Sortierens und Ordnens besonders deutlich sichtbar (Gehört das dazu? Wie viele sind das? Sind es mehr oder weniger? An welche Stelle gehört das? Was fehlt hier?...) , geometrische Grunderfahrungen sensibilisieren für Muster (kreisrund, kugelrund, eckig, spitz,…); gemeinsam sind sie wichtige Pfeiler der Sprachentwicklung.
Sinnvolle
Förderung der jüngeren Kinder ist eine wesentliche Aufgabe Ihrer beruflichen
Profession. Der entscheidende
Punkt bleibt aber auch hier der der Beziehung: Sie
müssen selbst eine positive Einstellung der elementaren Mathematik gegenüber
entwickeln (deswegen müssen Sie weder die Schulmathematik geliebt haben noch
einen Mathekurs belegen) und sich mit den Kindern gemeinsam auf die Suche nach
„mathematischen Mustern“ in unserem Alltag begeben.
MATHElino: Kinder begleiten auf mathematischen Entdeckungsreisen
Im
Folgenden sind einige einfache Ideen zur mathematischen Frühförderung zusammengestellt
sowie eine kurze Literaturliste, wo Sie ebenfalls sinnvolle Anregungen für Ihre
Arbeit erhalten können.
·
Gegenstände mit
bestimmten Eigenschaften sammeln (runde, gelbe, hölzerne,…) und Eigenschaften
beschreiben
·
Gegenstände nach
unterschiedlichen Eigenschaften sortieren: Farbe, Form, Größe, Funktion,
Gewicht, … ein- und mehrfach (z. B. erst Form, dann Größe); wo ist es möglich,
eine sinnvolle Ordnung herzustellen (z. B. Gewicht), wo nicht (z. B. Funktion)?
·
Kinder teilen
sich nach bestimmten Kriterien in Gruppen auf bzw. „ordnen“ sich an
·
Sprachliche
Sensibilisierung: „für jedes Kind ein…“, „genau so viele“, „zwei zu wenig“,
„sieht so ähnlich aus wie…“, „ist das Gleiche wie…“
·
Gegenstände
liegen im Kreis. Die Kinder schließen die Augen. Ein Gegenstand kommt dazu oder
verschwindet. Was hat sich verändert?
·
Abzählen von
Gegenständen auf unterschiedliche Arten (mit Bewegen der Gegenstände, ohne
Bewegen, mit Fingern, ohne Finger, nur mit den Augen, beginnen bei
unterschiedlichen Gegenständen)
· Nachbauen von Materialarrangements (Mustern), eigene Muster bilden
· Ausstellung unterschiedlicher Körperformen, Fühlsäckchen, Paare bilden
·
Zeichnen eines
einfachen Materialarrangements aus verschiedenen Perspektiven
·
Einfache
Würfelspiele, Dominos, Lotto, Memospiele, Puzzles usw.
·
Rhythmusspiele,
Takt klatschen, Bewegungsspiele mit wiederkehrenden Bewegungen
Sie
sehen, mit mathematischer Frühförderung soll das Rad nicht neu erfunden und die
Kinder nicht für den Mathematikunterricht der Schule „trainiert“ werden!
Weitere Informationen, auch über Fortbildungen, Konzepte, Kontakt und Unterstützungen finden Sie auf http://www.mathelino.ch
Literaturhinweise:
Anregungen erfahren Sie teilweise aus den Kindergarten-Bildungsplänen der Bundesländer, wobei im Bereich der Mathematik diese Pläne insgesamt eher enttäuschend sind und sich sehr unterscheiden.
Eine Übersicht über die Pläne finden Sie hier.